Jenseitsglaube

Die Ägypter glaubten an ein Leben nach dem Tode und dafür unternahmen sie einige Anstrengungen, um im Jenseits ein angenehmes Leben führen zu können. Um jedoch die Riten verstehen zu können, muß man mit dem Mythos des Gottes Osiris vertraut werden.

Osiris und Isis waren Geschwister und Eheleute zugleich, genauso wie ihr Bruder Seth und ihre Schwester Osiris Nephtys. Osiris gilt als Schöpfer der ägyptischen Kultur, denn er brachte Ackerbau und Viehzucht ins Land und befreite dadurch die frühesten Bewohner des Niltals aus Not und Elend. Doch wollte er diese Segnungen auch den Nachbarländern zuteil werden lassen und verließ darum Ägypten wieder. Während Osiris fort war, stiftete sein böser Bruder Seth eine Verschwörung gegen ihn an. Er verschaffte sich durch eine List die genauen Körpermaße des Osiris und fertigte eine hölzerne Lade an, die genau diesen Maßen entsprach. Auf einem Festmahl veranlaßte der hinterlistige Seth nun seinen Bruder, sich in die Lade zu legen - daraufhin eilten seine Mitverschworenen herbei, verschlossen den Deckel der Lade, versiegelten ihn mit flüssigem Blei und warfen den “Sarg” in den Nil. Da erhob sich ein heftiger Sturm, und die Holzkiste wurde bei Byblos an Land, wo sie in den Ästen hängenblieb. Im Laufe der Zeit wuchs der Baum zu besonders stattlicher Höhe heran, und sein Stamm umschloß den Kasten mit Osiris darin. Der König von Byblos, der sich zu ebendieser Zeit einen Palast errichten ließ, brauchte gerade einen solchen Stamm zur Errichtung einer Säule. So wurde der Baum gefällt und in den Palast eingebaut.

Als Isis erfuhr, was ihrem Gemahl angetan worden war, machte sie sich auf, seine Leiche zu finden. Mit Hilfe der Königin von Byblos gelang ihr das auch, und sie brachte den toten Osiris nach Ägypten zurück, um ihn dort beizusetzen. Aber Seth entdeckte den Leichnam, hackte ihn in 14 Stücke und verstreute die einzelnen Teile über ganz Ägypten. Doch Isis sammelte sie alle wieder zusammen - mit Ausnahme des Penis, der in den Fluß geworfen und von Fischen aufgefressen worden war. Sie fügte die Glieder ihres zerstückelten Gatten wieder zusammen und fertigte einen künstlichen Phallus für ihn an. In Gestalt eines Vogels schwebte sie dann über der Leiche des Osiris und rief ihn durch magische Worte ins Leben zurück (nach Robert Brier).

Dieser Mythos begründet, warum bei Antritt der Reise ins Jenseits die Eingeweide Kanopengefäße gesondert aufbewahrt werden. Diese begleiten den Toten in eigens angefertigten Eingeweidegefäßen, den Kanopen. Diese Gefäße wurden mit den Namen der vier Horussöhne - “Kebeschsenuef, Schutzgott der Leber”, “Amset, Schutzgott des Magens”, “Duatmutef, Schutzgott der Lunge” und “Hapi, Schutzgott des Gedärms” - versehen, welche für den Schutz der Eingeweide zuständig waren.

Grabbeigabe Tut Anch AmunsDie meiste Vorbereitung erforderte der Körper. Der Bauch wurde seitlich vorsichtig geöffnet und die Eingeweide entnommen. Das Herz wurde im Körper belassen, da diesem das Zentrum des Denkens und Fühlens zugeschrieben wurde . Nun mußte der Körper so rasch wie möglich entwässert werden und dies geschah durch eine Natronlauge. Das Wadi An Natron - ein Gebiet des westlichen Niltals - hat seinen Namen wegen des hohen Vorkommens an Natron. Schon seit der 4. Dynastie wurde Natron verwendet. Man vermutet, daß später festes Natron Verwendung fand, da die Konservierung damit besser gelang als mit Natronlauge. Nach der Behandlung mit Natron stand die Pflege mit Salbölen an zweiter Stelle. Die Salbung gehörte normalerweise zu der kultischen Verehrung der Götter, an dieser Stelle hatten die Salböle jedoch eine antibakterielle und pilztötende Wirkung. Die Balsamierer führten ihre Arbeit auf einem Tisch aus Holz oder Stein (beispielsweise Alabaster) durch. Meist fand dies in Hütten in Nähe des Nilufers statt, denn für die Reinigung des Leichnams wurde viel Wasser benötigt. Durch Herodots Bericht weiß man, daß das Gehirn mit einem Haken durch die Nase gezogen wurde und Reste herausgespült wurden. Die Körper der Mumien wurden mit Sägespänen oder Leinen gefüllt, damit sie nicht eingesunken aussahen. Zum Schluß wurde der Verstorbene in Grabbeigaben Tut Anch AmunsLeinenbinden eingewickelt, denen verschiedene magische Objekte oder auch Waffen beigegeben wurden. Die ganze Prozedur dauerte siebzig Tage und dies war auch die offizielle Trauerzeit. Nach diesen siebzig Tagen wurde der Leichnam zur Ruhe gebettet und bekam auf seinem Weg ins Jenseits Grabbeigaben wie Amulette, Figürchen von Schutzgottheiten, Gebrauchsgegenstände, Nahrung und sogenannte Uschebtis, das sind kleine Figuren, die im Jenseits die Arbeit des Grabherrn verrichten sollen, mit. Begleitet wurde die Reise von einem Totenbuch, einer Sammlung von magischen Sprüchen, das je nach den finanziellen Auszug aus einem TotenbuchMitteln des Verstorbenen mehr oder weniger prachtvoll angefertigt waren. Diese Totenbücher waren zum Teil bereits vorgefertigt und es wurde nur noch der Name des Verstorbenen eingetragen. Waren die finanziellen Mittel nicht ausreichend, begnügte man sich, die magischen Sprüche direkt auf die Leinenbinden zu schreiben. Bei der Beerdigung des Verstorbenen nahm ein Priester die Zeremonie der Mundöffnung vor um dem Verstorbenen ein Leben im Jenseits zu ermöglichen.

Herodots Bericht über die Einbalsamierung:

Wenn in einem Hause in Ägypten ein Mensch, natürlich einer, der etwas gilt, stirbt, bestreichen sich alle Frauen im Haus den Kopf und auch das Gesicht mit Lehm; dann lassen sie den Toten im Haus liegen, sie selbst laufen durch die Stadt, hochgeschürzt, mit bloßen Brüsten, und schlagen sich und mit ihnen alle weiblichen Verwandten die Brust. Andererseits schlagen sich auch die Männer zum Zeichen der Trauer, und auch sie sind hochgeschürzt. Wenn das geschehen ist, bringen sie den Leichnam zur Einbalsamierung.
Dafür sind aber bestimmte Leute da, die sich auf diese Kunst verstehen. Wenn diesen die Leiche gebracht wird, zeigen sie den Anverwandten Muster von Leichnamen aus Holz und recht naturgetreu bemalt und nennen ihnen die beste Art der Einbalsamierung, deren Namen ich mich auszusprechen scheue; dann zeigen sie die zweite, wohlfeilere und mindere, und dann die dritte, die am billigsten ist. Dann fragen sie, nach welcher Art der Leichnam behandelt werden soll. Und die Angehörigen handeln mit ihnen den Preis aus und gehen dann fort; sie aber bleiben mit der Leiche in ihrem Haus zurück.
Und solchermaßen ist nun die sorgfältigste und teuerste Art der Einbalsamierung:
Sie entfernen zuerst mit einem krummen Eisen durch die Nasenlöcher das Gehirn, und zwar teils so , indem sie es herausziehen, teils indem sie Arzneien hineingießen, Dann öffnen sie mit einem scharfen äthiopischen Steinmesser die Bauchhöhle und nehmen die ganzen Eingeweide heraus; sie reinigen sie, spülen sie mit Palmwein aus und bestreuen sie mit zerriebener Myrrhe, mit Kassiablättern und anderem Räucherwerk, untermischt mit Weihrauch, und nähen die Leiche wieder zu. Dann legen sie die Leiche in Natron, 70 Tage lang; länger darf man sie nicht darinnen liegen lassen. Sind diese 70 Tage vorüber, dann waschen sie die Leiche und umwinden den ganzen Leib mit Binden aus feinem Byssosleinen und bestreichen sie mit Gummi, den die Ägypter vielfach statt Lehm verwenden. Dann übernehmen wieder die Angehörigen die Leiche und machen einen hölzernen Sarg in Menschengestalt, legen die Leiche hinein und bewahren sie in der Grabkammer auf, wo sie die Leiche an die Wand stellen.
So behandeln sie die Leichen, die um den höchsten Preis einbalsamiert werden. Wo aber die Verwandten die Mittelart wählen, weil sie die hohen Kosten scheuen, da geschieht mit der Leiche folgendes: Sie füllen Klistierspritzen mit Zedernöl und füllen damit den Unterleib des Toten, ohne ihn aufzuschneiden und den Magen und die Eingeweide herauszunehmen; sie spritzen es beim Gesäß hinein, aber so, daß das Klistier nicht wieder herausfließt; dann lassen sie die Leiche die vorgesehenen Tage hindurch in Natron liegen; am letzten Tag aber nehmen sie das Zedernöl, das sie früher hineingetan haben, wieder heraus. Dieses hat eine solche Wirkung, daß es auch den Magen und die Eingeweide herausnimmt. Das Fleisch aber wird von dem Natron so aufgelöst, daß von der Leiche nur die Haut und die Gebeine übrigbleiben. Dann geben sie die Leiche so den Verwandten wieder zurück und tun sonst nichts dazu. Die Dritte Art der Einbalsamierung, welche die am wenigsten Bemittelten erstehen, ist folgende: Sie reinigen die Bauchhöhle mit Abführöl und salzen die Leiche 70 Tage ein; dann geben sie diese wieder zurück.

Das Totenbuch

Das Totenbuch beschreibt die Reise durch die Unterwelt und das Totengericht vor dem Gott Osiris. Dazu gehört das Wägen des Herzens. Dieses Wägen wurde von dem Gott Anubis überwacht und dem Gott Thot niedergeschrieben. Das Herz galt als Zentrum des Denkens und Fühlens und wurde gegen die Feder der Göttin Maat aufgewogen. Nur wenn das Herz leichter als diese Feder war, Totenbuchdann durfte der Verstorbene das Jenseits betreten. Wog das Herz schwerer als die Feder der Maat, dann war es Das Untier Ammutbelastet mit Ungerechtigkeit während des Lebens und wurde von dem Untier Ammut, einer Mischung aus Nilpferd, Krokodil und Löwe gefressen und fiel der ewigen Dunkelheit anheim. Hat der Verstorbene die Prüfung bestanden, wird er zu Osiris geleitet und von diesem empfangen. Somit hat er Hoffnung, gleich dem verstorbenen Gott im Jenseits zu leben.

 

Wägen des Herzens

Der Weg mit Anubis

 

    Der Weg mit Anubis

 

     

    Dieses Bild wurde von Frau Helga Schießer, einer begeisterten Anhängerin der ägyptischen Mythologie, gemalt und ich bedanke mich an dieser Stelle ganz herzlich, daß ich es auf meinen Seiten veröffentlichen darf.